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Christliche Grundhaltung entscheidet

Würzburg (POW) Obwohl die befragten Frauen und Männer garantiert einen vollen Terminkalender haben: Zum Bibellesen nehmen sich viele Mandatsträger Zeit. Quer durch alle demokratische Parteien sind Bibelsprüche eine beliebte Sache unter Politikern. Fast einig sind sie sich, dass keiner Bibelzitate so häufig und selbstverständlich verwendet wie Bundespräsident Johannes Rau. „Bei ihm wirkt das gar nicht aufgesetzt“, stellt Bundestagsvizepräsidentin Susanne Kastner aus Maroldsweisach fest.
 
Kastner (56) ist Mitglied des Deutschen Bundestags und seit der Wahl im vergangenen Herbst zugleich dessen Vizepräsidentin. Die evangelische SPD-Frau liest nach eigenen Angaben fast täglich in der Bibel. „An 99 Prozent aller Tage nehme ich morgens das Losungsbuch zur Hand und lese den gesamten Losungstext“, sagt sie. Die Bibellektüre ist ihr gewissermaßen von früheren Berufswegen vorgegeben. Sie sei christlich erzogen worden, habe später Religionspädagogik studiert und in ihrem Beruf gearbeitet. „Zu meinen Aufgaben gehörte es, Bibeltexte schülergerecht aufzubereiten und weiterzugeben“, erinnert sich Kastner. Vorsichtig sei sie beim Zitieren aus der Bibel. „Man muss sehr aufpassen, dass es nicht aufgesetzt wirkt.“
 
Der Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell (51) aus Hammelburg sieht in der Bibel „das Fundament und die ethische Grundlage des Christentums“. Viel Zeit für die Lektüre bleibe ihm jedoch nicht. „Dafür ist mein politischer Alltag zu intensiv.“ Besonders wichtig sind dem katholischen Grünen-Politiker Aussagen zur Nächstenliebe, die er bisweilen auch zitiere. In der Bergpredigt finde er viele gute Aussagen zur Bewahrung der Schöpfung und zum ökologischen Engagement, die Leitbilder für ihn persönlich und sein Engagement seien.
 
Seine mangelnde Bibellektüre hofft Manfred Christ (62) aus Aschaffenburg durch den sonntäglichen Kirchgang auszugleichen. Dort bekomme er das Wort Gottes zu hören. Der katholische Abgeordnete der CSU im Bayerischen Landtag hat nach eigener Aussage eine Bibel auf seinem Schreibtisch, die aus Zeitmangel oft ungeöffnet bleibe. Er verwende in politischen Reden hin und wieder Abschnitte. Beliebt seien ihm die Vorworte von Bayerischer Verfassung und Grundgesetz, die sich zu einer christlichen Gesellschaftsordnung bekennen. „Grundsätzlich praktiziere ich mein Christsein in der Öffentlichkeit und versuche immer wieder, Gott oder christliche Aussagen einzubringen.“
 
Die erste Frau des Landkreises Kitzingen ist Landrätin Tamara Bischof (39) aus Dettelbach von der Freien Wählergemeinschaft. Für sie ist die Bibel „das älteste und wichtigste Buch der Welt“. Vor allem schätze sie dessen Vielseitigkeit. „Man findet dort für alle Dinge und jede Gelegenheit Aussagen.“ Besonders gut gefällt ihr der Satz „Alles ist möglich, wenn man nur daran glaubt“. Generell mag die Protestantin Bischof das Markusevangelium, weil es ein „wahrer Zitatenschatz“ sei.
 
Der Nachttisch ist für den Landtagsabgeordneten Gerhard Hartmann (52) aus Reichenberg bei Würzburg der Platz, an dem er eine Heilige Schrift liegen hat. „So habe ich morgens und abends zumindest Blickkontakt“, versichert der evangelische SPD-Politiker. Hin und wieder verwende er die Bibel als Vorlage für Parlamentsreden. Sein einstiger Konfirmationsspruch habe noch heute eine besondere Bedeutung für ihn. „Herr, weise mir deinen Weg und führe mich auf die richtige Bahn“, sei sein Lieblingswort und Vorbild für sein politisches Handeln.
 
Gudrun Grieser (55) leitet als Oberbürgermeisterin die Geschicke der Stadt Schweinfurt. Die katholische CSUlerin nimmt die Bibel zwar selten in die Hand, hält sie aber für „die Basis des christlichen Glaubens“. Bei Neujahrsempfängen gebe sie Stadträten gerne das Bibelwort mit, das sie ersuche, nur Bestes für die Stadt zu tun. Wie in anderen Büchern, so lasse sie sich in der Bibel bisweilen von den Inhalten leiten, blättere vor und zurück, und finde „etwas, was mich nachdenken lässt“.
 
Als einer der eifrigsten Bibelleser unter den befragten Politikern aus Unterfranken sticht Wolfgang Zöller (61) aus Obernburg hervor. Der katholische CSU-Bundestagsabgeordnete schlägt nach eigener Aussage täglich Losungsbuch und Stundenbuch auf. Mindestens ein Kapitel verinnerliche er morgens und abends. Er hole sich viel Kraft und Gelassenheit für seine Arbeit aus der Heiligen Schrift. Ungern übernehme er wörtliche Auszüge für politische Reden. „Wenn ich etwas anführe, dann eher sinngemäß.“ Auch ein biblisches Leitwort gebe es für ihn nicht. Sein Schlagwort lautet: „Ein richtiger Christ muss fröhlich sein, sonst macht er etwas falsch.“
 
(0403/0130)