Würzburg (POW) Einen entscheidenden Wandel im ökumenischen Dialog von heute hat der Wiener griechisch-orthodoxe Metropolit Dr. Michael Staikos konstatiert. So werde die von der eigenen Wahrheit abweichende Lehre des anderen nicht mehr länger als alleiniges Problem des getrennt Glaubenden angesehen. Vielmehr werde sie als Herausforderung aller wahrgenommen, nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen, sagte Staikos beim 3. ökumenisch-ekklesiologischen Studientag am Freitag und Samstag, 7. und 8. Februar, in Würzburg. Das Ostkirchliche Institut der Deutschen Augustinerprovinz an der Universität Würzburg hatte dazu vier renommierte Vertreter der verschiedenen Konfessionen eingeladen, die in Referaten das Thema „Heterodoxie. Wie wird der Streit um die religiöse Wahrheit geführt?“ aus der Perspektive ihrer Kirche erörterten.
Staikos betonte im Rückblick auf die Streitigkeiten des ersten Jahrtausends die veränderte Situation der Gegenwart, welche die gegenseitigen Verurteilungen der Vergangenheit in ihrer Geltung für das dritte Jahrtausend grundsätzlich in Frage stellten. Wenngleich vornehmlich die Frage des päpstlichen Primats für die Orthodoxen Kirchen weiterhin ein Hindernis auf dem Weg zur Einheit darstelle, über die um der Wahrheit willen gestritten werden müsse, sei dennoch ein entscheidender Wandel im ökumenischen Dialog hervorzuheben. Dazu entwarf Metropolit Staikos Grundprinzipien des Dialogs. Es gelte sich aus erster Hand zu informieren und die gemeinsamen theologische Forschung durch die Zusammenarbeit der theologischen Fakultäten zu vertiefen. Aufhorchen ließ die selbstkritische Anfrage des Metropoliten, ob die Orthodoxie die theologische Entwicklung zur Kenntnis genommen habe, die sich beispielsweise im Katholizismus als Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils in der Lehre von der Kirche etabliert und zu einer veränderten kirchlichen Gesinnung geführt habe. Im Gegenzug forderte Staikos dazu auf, noch gründlicher die Sorgen und Anliegen der Orthodoxie kennen zu lernen.
Die Dogmatikprofessorin Dr. Barbara Hallensleben (Fribourg) beleuchtete die katholische Sichtweise unter Hinweis auf die Lehre von der Kirche als Heilssakrament, das dem unsichtbaren göttlichen Heilswirken sichtbaren Ausdruck in der Welt verleihe. Auch die Einheit der Kirche verlange auf dieser sakramentalen Grundlage nach einem sichtbaren Ausdruck. Monsignore Dr. Iwan Dacko (Weyarn) führte aus griechisch-katholischer Perspektive aus, welchen Schaden die Trennungsprozesse der Geschichte den kirchlichen Wesensmerkmalen von Einheit, Heiligkeit, Katholizität und Apostolizität zugefügt hätten, die von allen als gemeinsames Glaubensgut bewahrt würden. Dabei verwies er auf den heilsbezogenen Exklusivanspruch der römisch-katholischen Kirche. Dessen Deformation in der Zeit konfessioneller Entfremdung nach dem Konzil von Trient sei dafür verantwortlich gewesen, dass Unionen und Unionsbestrebungen einzelner Teilkirchen mit Rom von anderen als Unterwerfung und nicht als Aufnahme einer angemessenen Gemeinschaft der Kirchen interpretiert wurden. Erst das Zweite Vatikanische Konzil habe neue ökumenische Perspektiven ermöglicht.
In differenzierter Darstellung erläuterte Professor Dr. Gunther Wenz (München) die Auffassung von der Heterodoxie nach reformatorischem Verständnis. Dieses sei neben dem Grundsatz des Ausschlusses von zivilen Rechtsnachteilen für den abweichend Glaubenden und der Heiligen Schrift als Grundlage für die Feststellung einer Häresie grundsätzlich durch die Selbstbezeugungsfähigkeit der christlichen Wahrheit bestimmt. In seinem Abschlussvortrag warb der Würzburger Fundamentaltheologe Professor Dr. Elmar Klinger darum, die Heterodoxie des anderen nicht von vornherein als falsch zu verurteilen. Der Dialog in strittigen Fragen der Ökumene bedürfe vor allem der Wahrnehmung, dass dem anderen Glauben als Infragestellung eigener Überzeugung prophetische Kraft innewohne. Unter den zahlreichen Ökumene-Experten und Gästen des Studientags befanden sich Bischof Dr. Paul-Werner Scheele, der Magdeburger Weihbischof Dr. Gerhard Feige sowie der Vorsitzende des Fördervereins des Ostkirchlichen Instituts, Professor Dr. Walter Eykmann.
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