Würzburg (POW) Hildegard Metzger hält die Meinung für weit verbreitet: Wer heutzutage noch sein behindertes Kind zur Welt bringe, sei selbst schuld. „98 Prozent aller Kinder, die Down-Syndrom haben, werden inzwischen abgetrieben. Spätabtreibungen behinderter Kinder bis kurz vor der Geburt nehmen zu“, sagt sie nachdenklich. Sie ist selbst Mutter einer geistig behinderten Tochter. Sie weiß, was es heißt, damit fertig werden zu müssen. Über Selbsthilfegruppen und Elterninitiativen fand sie ihren Weg zum Familienbund der Katholiken (FDK). Dort ist sie die anerkannte Fachfrau für Menschen mit Behinderungen. Sie wirkt in der Arbeitsgruppe „Behinderte Familien“ mit, verwaltet das Netzwerk www.intakt.info und organisiert Freizeiten und Seminare für Familien mit behinderten Angehörigen.
Ihr Motto: ein Farbklecks in der Familienpolitik sein. Ihrer Meinung nach gibt es viel zu wenig Lobby dafür. Die aktive Frau zeigt keine Spur von Resignation, wenn sie im Namen der Behinderten unterwegs ist. Sie ist zusätzlich stellvertretende Vorsitzende der Lebenshilfe Würzburg. Obwohl sie sich dort gerne engagiere, habe ihr immer etwas gefehlt, was sie beim Familienbund verwirklichen könne: Der Familienbund nehme nicht nur die Behinderten in den Blick, sondern gehe auf die ganze Familie zu. „Nirgends anders konnte ich Freizeiten mit der ganzen Familie finden“, sagt sie. Der Familienbund bietet in diesem Jahr erstmals eine zweite Fahrt an.
„Der Run ist unglaublich“, sagt Hildegard Metzger. Sie wundere sich darüber allerdings nicht. Das ist reine Erholung und Spaß, weiß sie aus eigener Erfahrung. Zentral ist für sie der Austausch mit Familien, die ähnliche Erfahrungen machen. „Die Behinderten haben zwar ein eigenes Programm, aber es gibt viel Gemeinsames und man wird echt entlastet.“ Entlastung und Auftanken versprechen auch die FDK-Tagungen. Und weil der Familienbund nicht nur punktuell sondern dauerhaft helfen wollte, hat er 2002 das Internetportal www.intakt.info eröffnet.
Mit dem Netzwerk will der Familienbund, dass sich die Kirche nicht nur theoretisch für das Lebensrecht aller Kinder einsetzt, sondern den Behinderten konkrete Unterstützung anbietet. Interessenten erhalten dort Informationen und Hilfen zu Themen wie „Frühförderung behinderter Kinder“ oder „Arbeitsplatzsuche für Behinderte“ bis hin zum Behindertentestament. Es handelt sich dabei um ein Modellprojekt, dessen finanzielle Förderung durch das Bayerische Sozialministerium vor kurzem zu Ende gegangen ist. Jetzt verwaltet Hildegard Metzger zusammen mit anderen Arbeitsgruppenmitgliedern von „Behinderte Familie“ die Webseite.
„Familien finden sich in dem verwirrenden Angebot von Hilfsmöglichkeiten erst mal gar nicht zurecht“, sagt sie in Erinnerung an die Zeit, in der sie selbst Ansprechpartner gesucht hat. Deshalb findet der Besucher auf der Internetseite zunächst eine Übersicht über häufig gestellte Fragen und kann in einem Forum selbst welche stellen. Ein Klick auf die Seite beweist, dass dort reges Treiben herrscht. Fachliche und zutiefst menschliche Fragen bewegen die Eltern und Behinderten. Immer wieder sind Antworten zu lesen wie „Lass’ dir nichts gefallen“, wenn es um Behörden geht, oder „Lasst euch nicht bange machen“. Vor allem aber sind es praktische Tipps, die Betroffene an andere weitergeben. „Legt erst einmal Widerspruch ein“, wenn die Krankenkasse etwas nicht zahlen will. Oder: „Da kenne ich ein Buch“, wenn es woanders konkretere Hilfe gibt. „Die Seite hat täglich rund 240 Zugriffe. Das spricht doch für sich“, sagt Artur Eisenacher, Geschäftsführer beim Familienbund.
Dass Hildegard Metzger sich besonders beim Familienbund einsetzt, liegt für sie auf der Hand. „Mir hat woanders immer der Glaubensansatz gefehlt.“ Viele, sagt sie, würden sich gerade angesichts einer solchen Situation von Gott abwenden. „Völlig verständlich“, findet Hildegard Metzger. „Da kann man schon mit ihm hadern. Mir fiel es anfangs auch schwer, das Warum zu verstehen. Gleichzeitig gibt mir Jesu Zusage an die Schwachen und Benachteiligten unglaublich viel Mut und Kraft.“ Besonders gefällt ihr das Umsetzen von Forderungen und Wünschen in die Tat. „Denn Kirche ist für mich nur da glaubwürdig, wo sie nicht nur predigt, sondern die Menschen abholt, wo sie stehen.“
(0703/0209)
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